Rechte Pflegebedürftiger in der Schweiz
Mit einer Pflegeversicherung den Lebensstandard halten und das Vermögen schützen.
Mit einer freiwilligen, individuellen Deckung erhält man im Pflegefall Kosten vergütet, welche von der Krankenkasse und den Sozialversicherungen nicht übernommen werden.
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keine obligatorische Pflegeversicherung
Anders als in vielen Ländern gibt es in der Schweiz keine obligatorische Pflegeversicherung.
Jede und jeder geht dadurch das Risiko ein, dass im Härtefall einer Pflegesituation gewisse Kosten (z.B. für das Pflegeheim) nicht gedeckt sind. Das ist insbesondere hart, wenn die Pflegesituation länger andauert oder dauerhaft ist.
Denn trotz eines Systems mit vielen Sozialversicherungen wie AHV, IV, Unfallversicherung, SUVA, usw. werden nicht immer alle Kosten übernommen.
Zum Beispiel erhält man in einem konkreten Fall vielleicht die Grundpflege (z.B. Hilfe bei der Tabletteneinnahme) durch die Spitex vergütet, muss aber für Spitex-Zusatzleistungen selber aufkommen. Eine Zusatzleistung kann beispielsweise eine Hilfe im Haushalt sein.
Dann muss, falls keine zusätzliche Versicherung abgeschlossen wurde, das private Vermögen angezapft werden.
Pflege kann schnell teuer werden
Ein konkretes Beispiel: Frau F., über 80 Jahre alt, alleinstehend und bislang selbständig und zuhause wohnhaft, stolpert im Haushalt über einen Gegenstand und bricht sich die Hüfte. Nach dem Spital-Aufenthalt kann sie nicht mehr nach Hause zurückkehren und muss ins Heim.
AHV- und PK-Leistungen liefern Frau F. ein Einkommen von gut 5000 Franken. Das Heim kostet jedoch 9000 Franken. Die Krankenkasse und der Kanton bezahlen je einen Beitrag von zirka 1500 Franken. Somit fliesst die ganze Rente von Frau F. ans Pflegeheim.
Der Betrag reicht jedoch nicht. Die fehlenden 1000 Franken (5000 + 2x1500 = 8000) muss sie aus ihrem Vermögen berappen, das aus 50’000 Franken Ersparnissen sowie einem Einfamilienhaus besteht.
Bei ein paar Jahren Heimaufenthalt ist das Vermögen schnell massiv zusammengeschrumpft. Irgendwann werden vielleicht sogar Frau Fs Kinder leistungspflichtig, denn die im Zivilrecht (Art. 328 ZGB) verankerte Verwandtenunterstützung schreibt eine Unterstützungspflicht ab einem gewissen Jahreseinkommen vor.
Mit einer Versicherung Ihr Vermögen schützen
Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, sich frühzeitig mit dem “worst case Szenario” auseinanderzusetzen. Das Problem von Frau F. ist keine Seltenheit: Zirka 60 Prozent der Heimbewohner in der Schweiz erhalten nicht genügend monatliche Rente, um die Kosten für ihren Aufenthalt daraus zu finanzieren. Sie greifen, falls vorhanden, auf ihr Vermögen zurück.
Andere Personen erhalten Ergänzungsleistungen. Ergänzungsleistungen greifen nur dort, wo die minimalen Lebenskosten nicht gedeckt sind – nicht also in Fällen wie demjenigen von Frau F.
Eine Langzeitpflege-Versicherung ermöglicht das Einstellen von Hilfskräften
In anderen Ländern ist der Abschluss einer Pflegeversicherung obligatorisch, in Deutschland etwa. Dort zahlen die Arbeitnehmenden und die Arbeitgeber die Prämien je zur Hälfte, wie das in der Schweiz bei der 2. Säule der Fall ist.
Eine Lösung für den individuellen Fall ist eine Pflegeversicherung. Diese kann man bei verschiedenen Krankenkassen abschliessen. Eine Langzeitpflegeversicherung leistet in etwa Beiträge an die Haushaltshilfe oder das Pflegeheim und schützt somit das angesparte Vermögen.
Hinweis: Wer IV bezieht und als mindestens mittelschwer "hilflos" gilt, kann für das Einstellen von Hilfe auch einen Assistenzbeitrag geltend machen,
So früh wie möglich abschliessen
Wie immer gilt: Je früher man die Versicherung abschliesst, desto besser. Ab einem gewissen Lebensalter oder bei einem sich abzeichnenden Pflegebedarf ist es schwieriger, in eine Versicherung reinzukommen.
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