Rechte Pflegebedürftiger in der Schweiz
Assistenzbeitrag: Alltagshilfe beim Putzen,
Kochen, etc. wird von der IV übernommen
Mit dem Assistenzbeitrag werden Kosten für Hilfskräfte im Leben vergütet. Damit wird Menschen mit einer Behinderung ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Voraussetzung ist ein IV-Anspruch, und dass man selbständig wohnt.
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Das Wichtigste in Kürze
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Der Assistenzbeitrag dient der Förderung eines selbstbestimmten Lebens von IV-Bezüger:innen.
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Wer eine Hilflosenentschädigung der IV bezieht, hat evtl. auch Anspruch auf einen Assistenzbeitrag.
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Vergütet werden effektiv angefallene Lohnkosten für die Anstellung von Drittpersonen wie z.B. eines Gärtners oder einer Putzfrau.
Was ist ein Assistenzbeitrag?
Das Ziel hinter dem Assistenzbeitrag lautet, dass versicherte Personen – nämlich IV-Bezüger:innen – ein eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben in ihrem eigenen Zuhause führen können.
Der Beitrag dient also dazu, sich «Assistenz» für den Haushalt einstellen zu können. Dadurch kann man vielleicht vermeiden, in ein Heim ziehen zu müssen, auch wenn man mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung lebt.
Welche Personen können einen Anspruch haben?
Volljährige Personen
Anspruch auf einen Assistenzbeitrag haben Personen, denen auch eine Hilflosenentschädigung der IV ausgerichtet wird, und die volljährig sein und zuhause leben. Das heisst: Sie leben nicht in einem Heim. Alle drei Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein.
(Die gesetzliche Grundlage bildet Art. 42quater des IVG.)
Wer hingegen eine Hilflosenentschädigung von der Unfallversicherung oder der Militärversicherung bezieht, hat keinen Anspruch auf einen Assistenzbeitrag.
(Hinweis: Für Personen mit eingeschränkter Handlungsfähigkeit gelten weitere Bestimmungen).
Minderjährige Personen
Minderjährige Personen können unter Umständen ebenfalls einen Assistenzbeitrag beantragen, sofern sie:
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regelmässig die obligatorische Schule in einer Regelklasse besuchen, eine Berufsausbildung auf dem regulären Arbeitsmarkt oder eine andere Ausbildung auf Sekundarstufe II absolvieren;
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während mindestens zehn Stunden pro Woche eine Erwerbstätigkeit auf dem regulären Arbeitsmarkt ausüben;
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einen Intensivpflegezuschlag für einen Pflege- und Überwachungsbedarf von mindestens sechs Stunden pro Tag beziehen.
Welche Assistenz wird vergütet?
Gemäss Gesetz (Art. 39c IVV) kann der Assistenzbeitrag für folgende Bereiche beantragt werden:
• alltägliche Lebensverrichtungen;
• Haushaltsführung;
• gesellschaftliche Teilhabe und Freizeitgestaltung;
• Erziehung und Kinderbetreuung;
• Ausübung einer gemeinnützigen oder ehrenamtlichen Tätigkeit;
• berufliche Aus- und Weiterbildung;
• Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf dem regulären Arbeitsmarkt;
• Überwachung während des Tages;
• Nachtdienst.
Was erhält man (Höhe des Assistenzbeitrags)?
Der Assistenzbeitrag beläuft sich aktuell auf 34.30 pro Stunde.
Anders als die Hilflosenentschädigung handelt es sich nicht um eine Pauschale, sondern es werden effektive Kosten vergütet.
Einfach gesagt: Wer Assistenz für X Stunden pro Woche einstellt, erhält X Stunden vergütet.
Es gibt aber monatliche Maximal-Beträge.
Wer z.B. als “mittel hilflos” gilt, hat Anspruch auf 30 Stunden für Haushaltshilfe.
Muss die angestellte Person besondere Qualifikationen haben, kann der Stundenansatz höher sein. Ebenso, wenn Einsätze in der Nacht geleistet werden.
Bemessen wird der Betrag mithilfe eines standardisierten Abklärungsinstruments.
Wen kann man als Assistenzperson einstellen?
Das Gesetz anerkennt als Assistenzperson Menschen, die von der versicherten Person angestellt werden.
Die Anstellung muss mindestens 3 Monate dauern.
Pflegende Angehörige kann man via Assistenzbeitrag nicht entschädigen.
Asisstenzpersonen dürfen mit der hilfsbedürftigen Person nicht verwandt sein. Als "verwandt" gelten Personen, die in gerader Linie Verwandte sind oder eine Ehe oder eingetragene Partnerschaft mit der hilfsbedürftigen Person eingegangen sind.
Diese Einschränkung kann nicht umgangen werden, indem man Verwandte via Arbeitsvertrag anstellt.
Beispiel: Sie werden von Ihrer Enkelin, Ihrer eingetragenen Partnerin, Ihrem Ehemann oder Ihrem Sohn im Haushalt unterstützt.
Für diese Personen können keine Assistenzbeiträge beantragt werden, auch wenn sie effektiv Arbeiten verrichten, die sich dafür qualifizieren.
Wenn Sie hingegen Dritte als Assistenzpersonen einstellen – obwohl auch die Angehörigen helfen könnten – wird das vergütet.
Nicht anerkannt sind ausserdem Hilfeleistungen, die z.B. während eines Aufenthaltes in einem Heim, Spital oder einer Tagesstätte erbracht werden. Die Hilfe muss im Zuhause erfolgen.
Respektive: Die Person muss Zuhause wohnen; die Hilfe kann auch unterwegs erbracht werden. Zum Beispiel kann man eine Begleitung an einen Anlass anstellen, an den man als hilfsbedürftige Person alleine nicht reisen könnte. Dies gilt als "gesellschaftliche Teilhabe und Freizeitgestaltung" im Gesetz.
Checkliste: Habe ich einen Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung?
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Wohnsitz und Aufenthalt in der Schweiz
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Wohnend im eigenen Haushalt (falls volljährig)
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Man erhält bereits eine Hilflosenentschädigung der IV ausbezahlt
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Man stellt Assistenzpersonen (keine Verwandte) gegen Lohn ein
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Man kann die effektiven Kosten nachweisen
Wenn Sie alle Fragen mit "Ja" beantworten, besteht evtl. ein Anspruch.
Wo kann man den Anspruch geltend machen?
Der Anspruch ist bei der kantonalen Ausgleichskasse für IV geltend zu machen.
Anders als bei der Hilfslosenentschädigung gibt es keine Wartefrist.
Hier finden Sie eine Übersicht aller kantonalen Ausgleichskassen.
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