Pflegefinanzierung in der Schweiz
Pflegefinanzierung Schweiz:
Was Hilfsbedürftige & Angehörige wissen müssen.
Eine kurze und praxisorientierte Übersicht, was Pflege ist, wie sie in der Schweiz finanziert wird, und was man wissen sollte, wenn man Ansprüche geltend machen will.
Lesedauer: 9 Minuten
Ein kompliziertes System
In der Schweiz werden pflegebedürftige Menschen nicht allein gelassen.
"Pflegebedürftige" sind Menschen, die wegen
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eines Geburtsgebrechens,
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eines Unfalls,
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einer chronischen Erkrankung
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oder auch im hohen Alter
auf Pflege und/oder Unterstützung angewiesen sind.
Für Betroffene wird in vielen Fällen institutionell gesorgt, sei dies durch staatliche und private Verbände und Organisationen oder via finanzielle Unterstützungsleistungen, die gesetzlich verankert sind.
Die Schweiz hat jedoch ein sehr komplexes System. Unter anderem sind die Ansprüche immer abhängig von der individuellen Person und ihrer Pflegesituation, den finanziellen Verhältnissen und dem Wohnort. Das macht es für Betroffene schwierig, den Überblick zu be- und erhalten.
Die Kernfrage lautet also nicht nur: "Was gilt?"
Sondern auch: "Was gilt für mich?"
In diesem Artikel stellen wir Ihnen einige Aspekte des Gesundheits-Systems respektive der Pflegefinanzierung kurz und verständlich vor.
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Was ist "Pflege"?
Pflege kann in etwa definiert werden als "eine Behandlung mit erforderlichen Massnahmen zur Erhaltung eines guten Zustands oder Verbesserung eines optimierbaren Zustands im Zusammenhang mit der Gesundheit eines Menschen."
Pflege kann von Fachleuten und von privaten Personen (zum Beispiel, und allem voran, natürlich Angehörigen) erbracht werden.
Es gibt jedoch keinen einheitlich anerkannten Pflegebegriff in der Schweiz, auch nicht aus rechtlicher Sicht. So wird "Pflege" in unterschiedlichen Gesetzen unterschiedlich definiert und abgegrenzt. Generell werden auch im Rechtssystem damit die vielfältigen Unterstützungsleistungen bezeichnet, die ein Mensch, der eine Beeinträchtigung hat, erhält.
Eine wichtigste Unterscheidung aus Sicht der Finanzierung von Pflege findet man in Art. 7 Abs. 2 KLV (Krankenpflege-Leistungsverordnung).
Hier werden Leistungen von Spitex-Unternehmen, die in vielen Fällen die Pflege erbringen, definiert und voneinander unterschieden. Das Gesetz teilt mögliche Pflege-Leistungen nun in drei Kategorien ein:
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a. Massnahmen der Abklärung, Beratung und Koordination
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b. Massnahmen der Untersuchung und der Behandlung
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c. Massnahmen der Grundpflege
Wie sich diese unterscheiden, erläutern wir anhand eines Beispiels:
Frau H benötigt nach einem Beinbruch Spitex.
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Die Spitex nimmt initial eine Bedarfsabklärung vor und plant die Pflege.
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Pflegefachpersonal hilft sodann bei der post-operativen Wundversorgung.
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Ebenso assistiert man Frau H beim täglichen Waschen.
Die Bedarfsabklärung fällt unter a, die Wundversorgung unter b die Hilfe bei der Körperpflege unter c.
Wer bezahlt für “Pflege”?
Mitunter die folgenden Faktoren machen die Antwort zu dieser Frage kompliziert.
1. Je nach dem Grund für die Pflegebedürftigkeit gelten andere Ansprüche.
Beispiel: Eine Person benötigt einen Rollstuhl.
Es stellt sich die Frage, weshalb dieser Rollstuhl benötigt wird: Aufgrund eines Geburtsgebrechens? Eines Unfalls? Einer Berufskrankheit – oder einer Nichtberufskrankheit?
Je nachdem müssen andere Versicherungen bezahlen: die Invalidenversicherung, die Unfallversicherung, die Krankenversicherung... Und je nachdem, wer Kostenträger ist, gelten andere Gesetze.
Diese Gesetze stellen unterschiedliche Anforderungen an die Situation, damit bezahlt wird. Und: Selbst wenn in allen Gesetzen eine finanzielle Unterstützung vorgesehen ist, kann der CHF-Betrag wiederum unterschiedlich ausfallen.
Es kann aber auch sein, dass ein Versicherer, zum Beispiel die IV oder die Unfallversicherung, nur einen Teil bezahlt. Der Rest wird dann von der Krankenkasse subsidiär übernommen.
2. In der Schweiz gibt es kein einheitliches Pflegerecht
Wie bereits oben erläutert, wirken verschiedene Gesetze zusammen, wenn es in der Schweiz um Pflege geht. Handkehrum bedeutet das: Die Schweiz kennt kein “Pflegegesetz”. In anderen Ländern gibt es ein solches übergreifendes Gesetz, das vieles vereinfacht. Hierzulande sind entsprechende gesetzgeberische Bemühungen bislang gescheitert.
Das Resultat: Das Schweizer Pflegerecht ist ein Patchwork aus diversen Regeln, die zusammenspielen und sich manchmal auch widersprechen. Vieles ist nicht optimal abgestimmt.
Vier wichtige Gesetze sind:
3. Kantönligeist
Nebst der Tatsache, dass je nach Grund für die Pflegebedürftigkeit ein unterschiedliches Eidgenössisches Gesetz zum Tragen kommt, gibt es auch regionale Unterschiede. Denn jeder Kanton hat wiederum eigene Gesetze und Verordnungen im Bereich der Pflege erlassen.
Zum Teil haben sogar die Gemeinden eigene Bestimmungen und Hilfs-Programme für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige.
Je nachdem, wo man wohnt, kann man darum andere Ansprüche geltend machen oder auf unterschiedliche Hilfeleistungen zählen.
Das BAG (Bundesamt für Gesundheit) hat im hier verlinkten Dokument verschiedene Hilfestellung von einzelnen Kantonen oder Gemeinden zusammengestellt:
"Porträt: Finanzielle Absicherung betreuender Angehöriger".
4. Demographischer Wandel
Der demographische Wandel trägt insofern zur Komplexität des Pflegesystems bei, als dass er den Gesetzgeber und die Umsetzungspartner vor neue Herausforderungen stellt. Weil tendenziell immer mehr Menschen ein hohes Alter erreichen (mehr Menschen und ein höheres Durchschnittsalter), benötigt es immer mehr Pflege.
Bereits jetzt besteht an vielen Orten respektive in vielen Bereichen eine Knappheit oder sogar eine Unterversorgung an Spitex-Leistungen. Einen wichtigen Beitrag leisten pflegende Angehörige, die Menschen in ihrem Zuhause betreuen.
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Das Buch wurde verfasst von Prof. Dr. Hardy Landolt, Mitgründer der Familienspitex.
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© Familienspitex.ch, 2021.
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